10.12 Dekontaminierung von Isocyanatresten,
Reinigung
und Entsorgung von Abfällen
und Rückständen
Isocyanate und isocyanathaltige Stoffe können wie folgt dekontaminiert
und beseitigt werden:
Durch Umsetzen mit Dekontaminationslösung. Hierzu wird das Isocyanat
langsam unter Rühren in einen Überschuss von Dekontaminationslösung I oder II gegeben. Nach ca. 48 Stunden ist die Umsetzung zu in
Wasser unlöslichem Polyharnstoff abgeschlossen.
Durch gezielte Umsetzung zu Polyurethan über die Reaktion mit dem
Polyol oder bevorzugt durch ein Mono-Alkohol, wobei das Mischungsverhältnis
zu beachten ist.
Diese Reaktionsprodukte, wie auch Isocyanate und isocyanathaltige Stoffe
selbst, können unter Berücksichtigung der abfallrechtlichen Bestimmungen
entsorgt werden.
(68)Für das Dekontaminieren und das Entsorgen isocyanathaltiger Abfälle
muss eine gesonderte Betriebsanweisung erstellt werden (siehe
Abschnitt 11.1).
Bei der Dekontaminierung und Beseitigung isocyanathaltiger Abfälle sind
persönliche Schutzausrüstungen zu tragen.
Verschüttete feste oder durch Abkühlen fest gewordene Isocyanate werden
trocken aufgenommen und entsorgt. Lose Pulver- oder Staubreste
dürfen grundsätzlich nicht aufgefegt, sondern mit einem zugelassenen
Entstauber (Filterklasse M – siehe z. B.
Abbildung 12) gegebenenfalls mit
Vorabscheider oder Industriestaubsauger (Filterklasse M) aufgenommen
werden. Die kontaminierten Flächen sind mit Dekontaminationslösung
nachzubehandeln.
Dünne Schichten verschütteter flüssiger Isocyanate können mit einer
ausreichenden Menge Bindemittel (Sand, Sägespäne, PU-Mehl) vollständig
abgedeckt werden. Zusätzlich werden diese Bindemittel mit der Dekontaminationslösung
angefeuchtet. Nach mehrmaligem mechanischem Durchmischen und weiterem Anfeuchten zur gleichmäßigen Benetzung
können diese aufgenommen und in metallische Abfallbehälter eingefüllt
werden.
Abbildung 12: Entstauber (140)

Mit lose aufliegendem Deckel sollten die Behälter an einem für unbefugten
Zutritt abgesperrten Ort im Freien bis zum merklichen Abklingen der
exothermen Umsetzungsreaktionen unter regelmäßiger Beobachtung und
ständigem Feuchthalten gelagert werden.
Es werden vier Dekontaminationslösungen empfohlen:
Lösung III (auch für Hautreinigung geeignet) Lösung IV (zum Auskochen)Monoalkohol 9 Gew.-%
Spülmittel 0,1 Gew.-%
Rest Wasser
Für die Dekontamination von mit Isocyanaten verunreinigten Oberflächen
können die obengenannten Lösungen ebenfalls verwendet werden. Anderenfalls
können komplexe Aggregate durch die Bildung von Polyharnstoff
durch Reaktion mit Luftfeuchtigkeit erheblich beschädigt werden.
Um effektiv reinigen zu können, ist ein Netzmittel erforderlich. Hierzu
können auch übliche Haushaltsspülmittel verwendet werden.
Abfälle und Rückstände, die weitere Gefahrstoffe, z. B. Amine und Lösemittel,
enthalten, müssen sachgemäß beseitigt werden.
Restentleerte Fässer von isocyanathaltigen Produkten sollen mit den Dekontaminationslösungen I oder II behandelt werden, wenn die mit dem
Deckel geschlossenen Fässer nicht direkt an den Entsorger zurückgegeben
werden.
Die Dekontaminationslösung III ist insbesondere für eine schonende
Hautreinigung bei einer dermalen Kontamination geeignet.
Da bei der Reaktion der isocyanathaltigen Reste mit den wässrigen Dekontaminationslösungen
u. a. CO2 entsteht, dürfen die Gebinde nicht fest
verschlossen werden, da es andernfalls zu gefährlichem Druckaufbau in
den Gebinden kommen kann. Nach Beendigung des Reinigungsvorganges
ist das Fass zu öffnen. Die Dekontaminationslösung muss im Überschuss
zugesetzt werden, um sicherzustellen, dass Isocyanatrestmengen
vollständig umgesetzt werden.
Die anderweitige Verwendung ungereinigter leerer Isocyanatfässer ist wegen
der noch enthaltenen Restmengen und der damit verbundenen Gefahren
nicht zulässig.
Auch gereinigte Fässer dürfen nicht zur Aufbewahrung von Nahrungs- und
Genussmitteln verwendet werden.
Anlagenteile, Apparaturen und Einrichtungen, in denen mit Gefahrstoffen,
z. B. Isocyanaten, Aminen und Lösemitteln, gearbeitet wird, sowie
deren Umgebung, sind so zu gestalten, dass sie leicht zu reinigen sind
und möglichst selten von Hand gereinigt werden müssen. Für die Reinigung
sind bevorzugt technische Maßnahmen zu treffen, z. B. Auskochen
oder Flüssigkeitsstrahlen. Das Flüssigkeitsstrahlen wird nur für den Fall
von Harnstoff-Ablagerungen empfohlen, wenn praktisch keine Isocyanat-
Flüssigkeiten mehr vorhanden sind. Geeignet ist auch der Einsatz von
Hochdruckreinigern mit Trockeneis (statt Wasser), sodass das feste ausreagierte
Isocyanat spröde und durch den Hochdruck abgetragen wird.
Weitere Möglichkeiten der Reinigung von Geräten, Bauteilen, Behältern
nach Kontamination durch Polyurethane sind:
Kontaminationen durch nicht oder teilweise vernetze Polyurethane können
gereinigt werden durch:
Butyldiglycolacetat (BDGA), CAS-Nummer 124-17-4:
Bei einer Temperatur von ca. 90 °C werden die Teile in dem BDGA unter
gelegentlichem Rühren gelagert. Reaktionsgefäße werden damit
gespült.
Dibasicester, (DBE), CAS-Nummer 106-65-0, oft eine Mischung:
Bei einer Temperatur von ca. 100 °C werden die Teile in dem DBE unter
gelegentlichem Rühren gelagert. Reaktionsgefäße werden damit
gespült.
Übliche Lösemittel wie Aceton oder Ethylacetat können ebenfalls
verwendet werden.
Für die Reinigung von Maschinen und Anlagenteilen kann es erforderlich
sein, diese zuerst mit einer reaktionsneutralen Flüssigkeit zu
spülen, beispielsweise mit (C10C21)Alkansulfonsäurephenylester –
CAS-Nummer 91082-17-6.
Bei Verunreinigungen durch vernetze Polyurethane:
Thermische oder mechanische Methoden. Gegebenenfalls nach Behandlung
mit einem Lösemittel, sodass das Polyurethan gequollen ist.
Bauteile können ausgeglüht werden.
Beim Auskochen von Anlagenteilen ist darauf zu achten, dass primäre
aromatische Amine als Nebenprodukt der Harnstoffbildung freigesetzt
werden können (hydrolytische Freisetzung). Unter anderem ist hierfür die
Dekontaminationslösung IV geeignet. Die entstehende wässrige Lösung
ist dann gesondert gemäß Abfallrecht zu entsorgen.
Werden dazu organische Lösemittel verwendet, sind besondere Schutzmaßnahmen
entsprechend der Sicherheitsdatenblätter der Hersteller zu
treffen.
Ferner ist sicherzustellen, dass mit der Reinigung beauftragte Personen
umfassend über die mit dem Vorgang verbundenen Gefahren und welche
Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind, informiert werden.
Wichtig ist prinzipiell, dass die Reinigungsmittel gebrauchsfertig bereitstehen
und die Prozeduren regelmäßig geübt werden. In einem Unfallszenario
ist häufig nicht die Zeit, die Reinigungsmittel kurzfristig anzusetzen
und deren Einsatz im Expositionsfall zu trainieren.
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